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Fortunas Sieg gegen HSV war kein Zufall

Endlich eine konstante Leistung über 90 Minuten

Foto: Christof Wolff

von Norbert Krings

KOMMENTAR So entschlossen, konzentriert und diszipliniert hat Fortuna die Chance, in den Aufstiegskampf einzugreifen, noch nie in dieser Saison von der ersten bis zur letzten Minute beim Schopf gepackt. Im Topspiel gegen den Hamburger SV gab es diesmal keinen Hurra-Fußball, der nur die Richtung „nach vorne“ kannte. Mit einem taktisch ausgeklügelten Plan wurde der vermeintlich große Gegner zu einem Statisten in diesem Spiel degradiert. An diesem Abend hat sehr viel für die Mannschaft von Daniel Thioune gepasst. Daraus aber abzuleiten, dass nun der Aufstieg ein Selbstläufer wird, ist das Gegenteil von dem, was nun angebracht ist. Zudem war für ein unüberlegtes Hochjubeln der eigenen Leistung der Gegner an diesem Abend erschreckend schwach und ohne Mittel.

Ein Spiel von der ersten bis zur letzten Minute so konsequent durchzuziehen, hat Fortuna in dieser Saison nur selten geschafft, etwa in Elversberg oder in Nürnberg bei den beiden 5:0-Erfolgen. Doch gegen einen Topgegner wie den Hamburger SV, der normalerweise eine große offensive Wucht auf den Platz bringt, war das schon etwas Besonderes. Der Gegner konnte sich in keinster Weise so entfalten, dass er der Fortuna gefährlich wurde. Hut ab vor so viel Disziplin und taktischem Geschick.

Dass der HSV nicht mit super breiter Brust nach der Heimniederlage gegen den VfL Osnabrück auftauchen würde, war klar. Aber das musste die Fortuna auch erst einmal auf diese Weise nutzen. Da halfen den Hanseaten auch nicht die emotionalen Ansprachen des neuen Trainers und die großartige Unterstützung ihrer vielen Fans. Es war also auch ein wenig Glück, in einer solchen Krisensituation der Hamburger auf sie zu treffen.

Tzolis und Tanaka waren die Spieler, die aus einer starken Mannschaft noch herausragten

Dass Christos Tzolis ein guter Außenstürmer ist, wussten die Fortuna-Fans schon länger. Aber dass er sich – obwohl ihn inzwischen die ganzen Liga kennen sollte – weiterhin so in Szene setzen kann, das ist bewundernswert und macht ihn zum besten Linksaußen der Liga, was ihm sein Trainer jüngst attestierte. Und Tzolis hat die kurze Zeit bei der Fortuna sehr gut genutzt. Er hat dazu gelernt. Er weiß nun, dass er Spiele nicht im Alleingang entscheiden kann. Das zeigte auch seine Vorarbeit zum Führungstor gegen den Hamburger SV, der den Griechen in keiner Phase der Partie in den Griff bekommen konnte. Eine tolle Leistung eines Spielers, den der Trainer seit Saisonbeginn neu aufgebaut und stark gemacht hat.

Nicht ganz so glamourös, aber mindestens ebenso wertvoll tritt seit Beginn der Rückrunde Ao Tanaka auf. Hat man dem Japaner in der Vorrunde noch unterstellt, sich nur ins Schaufenster für einen möglichen Transfer in eine erste europäische Topliga stellen zu wollen, ist er inzwischen unglaublich wertvoll für das Spiel der Fortuna. Er arbeitet ohne Unterlass, gönnt sich keine Pause und reißt immer wieder das Spiel an sich. Wenn man nach einem Leader auf dem Platz bei Fortuna sucht, kann man ihn in Tanaka inzwischen finden und das Spiel für Spiel, Woche für Woche. Dass er sich nach dem Spiel übergeben musste, zeigt, dass er nun bis an die Grenzen des Möglichen für die Fortuna arbeitet.

Jamil Siebert musste ganz kurzfristig kurz vor der Pause für den verletzten Joshua Quarshie einspringen. Foto: Kenny Beele

Jamil Siebert hat es mit seiner flapsigen Bemerkung auf den Punkt gebracht: „Wir haben heute mit der 16. Innenverteidigung gespielt“, sagte der 21-Jährige leichthin. Aber das ist auch etwas, was die Fortuna auszeichnet. Da wachsen Spieler auch auf für sie fremden Positionen über sich hinaus oder überzeugen, obwohl sie lange außen vor waren, wie an diesem Abend Tim Oberdorf. Der 27-Jährige war da, als man ihn brauchte. Dass Spieler auch dann darauf brennen, für ihr Team alles zu geben, obwohl sie nicht so ganz fit sind oder in die Bresche springen müssen, zeichnet dieses Team aus, in dem tatsächlich jeder für jeden kämpft.

Die Eventfans in der MERKUR SPIEL-ARENA sind verwöhnt und nicht so leicht zu begeistern. Aber sie und auch die vielen Auswärtsfahrer haben inzwischen großen Anteil am Erfolg der Mannschaft. Denn diese braucht die Unterstützung, aber auch die Geduld von den Rängen. Denn diesmal gab es kein Offensivspektakel wie gegen Schalke 04, sondern einen ganz überlegten Auftritt, der von den Fans mitgetragen wird. Auch das ist für die Mannschaft wichtig, zu wissen, dass auch Fehler erlaubt sind, wenn die Leidenschaft für die Fortuna von jedem Einzelnen zu erkennen ist.

Das Spiel in Osnabrück wird bestimmt nicht leichter

Fortuna steht nun einen Punkt hinter dem Relegationsplatz. „Die Fans dürfen ruhig träumen, wir müssen hart arbeiten“, lautet das Credo des Trainers. Er hat recht, die Situation an der Tabellenspitze der 2. Liga ist so eng, dass noch einige Teams eine Chance sehen, in der vielleicht besten 2. Liga Europas mit unglaublich hohen Zuschauerzahlen den Weg in die Bundesliga zu finden. Fortuna hat es nun vorgemacht, wie man mit Köpfchen, Begeisterung und Kampfbereitschaft auf den Erfolgsweg zurückfindet. Demut statt Überheblichkeit, Zielstrebigkeit statt Leichtsinn und Gesundheit statt Verletzungspech wären jetzt wichtig, um die gute Phase weiterhin zu nutzen – denn das Spiel in Osnabrück am kommenden Freitag wird sicherlich nicht leichter als gegen den HSV. Nur mit einem Sieg dort kann Fortuna den ersten Erfolg gegen ein Spitzenteam noch wertvoller machen.

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