von Norbert Krings
Der Pokaltraum ist ausgeträumt. Fortuna Düsseldorf hat auch in der Höhe verdient mit 0:4 in Leverkusen den Kürzeren gezogen. Der Bundesliga-Spitzenreiter nutzte nahezu alle Fehler des Zweitligisten aus und zog ohne große Mühe ins Finale des DFB-Pokals in Berlin gegen Kaiserslautern ein. Fortuna hat nicht den Grat zwischen Mut und Vorsicht gefunden, die Mannschaft wurde aber großartig von den Fans unterstützt und am Ende auch zurecht für eine tolle Pokalsaison gefeiert.
Daniel Thioune hätte gerne gerade in Leverkusen seine stärkste Mannschaft auf den Platz geschickt. Für ihn und Ao Tanaka, der nach einer plötzlichen Blinddarm-Operation nur vom Krankenbett grüßen konnte, war dieser Ausfall schon eine sehr bittere Nachricht. Der Japaner hat alle Partien im Jahr 2024 an der oberen Leistungsgrenze gespielt und seit Januar außer des Tores im DFB-Pokal-Viertelfinale beim FC St. Pauli zwei Ligatore erzielt. Dafür rückte Andre Hoffmann ins Team, allerdings mit einer völlig anderen Aufgabe in der Dreierkette. Fortunas Trainer hatte sich also verständlicherweise für die defensive Variante entschieden, in der Matthias Zimmermann und Emmanuel Iyoha bei den Angriffen der Gastgeber die Dreier- zur Fünferkette machten. In der Offensive, falls man diese zu Beginn so bezeichnen konnte, agierten Felix Klaus, Isak Johannesson sowie Christos Tzolis. In der vordersten Linie versuchte der bissigste der drei Fortuna-Innenstürmer, Marlon Mustapha, die Angriffe der Werkself zu stören.
Bayer Leverkusen konnte auf alle Stars zurückgreifen, selbst Jonas Hofmann saß wieder auf der Bank. Für Odilon Kossounou kam Bayern-Schreck (und -Leihgabe) Josip Stanisic zum Einsatz. Amine Adi spielte in der Offensive neben Florian Wirtz. Für das Tor hatte Erfolgscoach Xabier Alonso Pokal-Keeper Mathej Kovar nominiert. Beide Trainer wollten jedenfalls nichts Besonderes machen und bei ihren bewährten Konzepten bleiben. So war klar, dass die Werkself von Beginn an die initiative übernahm. So kamen sie auch zur ersten guten Torchance, als Emmanuel Iyoha am kurzen Pfosten noch so eben gegen Jeremie Frimpong retten konnte. Nach einer schönen Offensivaktion der Gäste, als Mustapha (zu) harmlos abschloss, ging es aber schon wieder in die andere Richtung. Und dann hieß es auch bereits 1:0 für Leverkusen (7. Minute). Erneut war es Frimpong, der im Mittelpunkt der Aktion stand und nach einer Flanke von Granit Xhaka und dem Durchlassen von Patrik Schick freistehend vollstreckte. Dabei kam ihm zugute, dass ihm der Schuss abrutschte und der Ball unhaltbar über Kastenmeier einschlug.
Fortuna wirkte nicht unbedingt geschockt, bekam dann auch einmal ein Phase von längerem Ballbesitz. Aber Leverkusen ließ sich nicht so weit zurückdrängen wie der Zweitligist. Wenig später gab es dann wieder das gewohnte Bild mit einer gut geölten Ballverteilungsmaschine in schwarz-rot. Dummerweise ließ sich Fortuna dann auch noch auskontern. Das 2:0 war abzusehen, als Wirtz einfach über 40 Meter ohne Gegnerdruck laufen konnte und in Adli den geeigneten Abnehmer seines Passes fand. Gegen die völlig offene Abwehr kam der Leverkusener zum Abschluss, und sowohl Andre Hofmann als auch Florian Kastenmeier waren bei diesem Schuss chancenlos.
Dieser Treffer hatte schon die Gäste am Nerv getroffen. Das Aufbauspiel wirkte nicht mehr sicher und die Bälle wurden früh verloren. Jetzt wurden die Nervosität und der Respekt auf Seiten der Gäste doch etwas mehr deutlich. Und was ganz besonders auffiel, war das Fehlen von Mittelfeld-Organisator Ao Tanaka, der den Ball behaupten und Räume schließen kann. Diese Führungsqualitäten gingen der Fortuna ab. Und Fortuna verteilte weiterhin reichlich Geschenke – wie beim 3:0 für den Bundesliga-Tabellenführer. Kastenmeier spielte den Ball irgendwo hin, Jamil Siebert schlief kurz. Und so hatten Adli und letztlich auch Torschütze Wirtz leichtes Spiel, um für das dritte Tor der Gastgeber zu sorgen. Wer so oft, meist auch unnötig den Ball verliert, darf sich in Leverkusen nicht wundern, so unter die Räder zu kommen.
Wenn Hoffmann in der 45. Minute den Ball besser getroffen hätte, wäre sogar ein Anschlusstreffer möglich gewesen. Doch den zu schwachen Schuss konnte Bayer-Keeper Matei Kovar locker aufnehmen. So ging es mit einem klaren Rückstand in die Pause. Und man durfte gespannt sein, was das Trainerteam ändern würde, um dieses Pokalspiel vielleicht doch noch spannender gestalten zu können.
Fortuna fand irgendwie nicht das richtige Maß
Es war letztlich dann doch zu wenig Widerstand, Leidenschaft und Herz. Aber auch damit kann eine Mannschaft derzeit in Leverkusen nicht bestehen. Fortuna wirkte manchmal übermütig und manchmal zu zurückhaltend. Der Respekt vor der Übermannschaft dieser Profi-Saison in Deutschland wurde in so vielen Situationen deutlich. Niemand wollte richtig vorausgehen und auch mal ein Zeichen setzen. So viele Zweikämpfe hatte Fortuna in dieser Saison natürlich noch nicht verloren, aber insgesamt spielte da auch in den ersten 45 Minuten kein Team, das an einen Erfolg glaubt, weil der Unterschied so deutlich war.
In Marcel Sobottka und Joshua Quarshie brachte Daniel Thioune, der die erste Hälfte vom Spielfeldrand mit viel Kopfschütteln begleitet hatte, zwei neue Spieler. Andre Hoffmann und Felix Klaus blieben dafür in der Kabine. Das konnte man als eher defensiven Wechsel bezeichnen. Immerhin fanden die Fortunen besser ins Spiel, verteidigten besser und hatten in der 55. Minute die nächste klare Chance zum 1:3, als Tzolis aus zehn Metern völlig frei zum Abschluss kam und nur Bayer-Torwart Kovar anschoss. Wenig später antworteten die Gäste mit einem Pfostenkopfball von Patrik Schick. Aber da war auch die Hand von Matthias Zimmermann im Spiel. Nach dem Videostudium entschied Schiedsrichter Dingert zum Unverständis der Fortunen auf Handelfmeter. Florian Wirtz ließ sich die Chance zum 4:0 mit einem harten Schuss in die linke untere Ecke nicht entgehen. Kastenmeier war absolut chancenlos.
Wer bis dahin als Fortuna-Fan geglaubt hatte, etwas gegen diesen Gegner ausrichten zu können, war nun endgültig auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Fortuna bemühte sich, aber der Gegner hatte auch zwei Gänge zurückgeschaltet und die wichtigsten Spieler zur Schonung früh ausgewechselt. Das ließ die Gäste etwas besser aussehen, weil das Tempo im Spiel der Werkself nicht mehr allzu hoch war. So trudelte die Begegnung dem Ende entgegen, und am sicheren Sieger gab es keinen Zweifel mehr. Die individuelle, aber auch die Klasse der Mannschaft hatte eindeutig den Auschlag zugunsten des Favoriten gegeben.
Statistik:
Leverkusen: Kovar – Stanisic, Tah, Tapsoba – Andrich – Frimpong, Xhaka (78. Kossounou), Grimaldo (71. Hincapie) – Wirtz (65. Hofmann), Adli (65. Tella) – Schick (65. Boniface)
Düsseldorf: Kastenmeier – Siebert, Hoffmann (46. Sobottka), Oberdorf – Engelhardt – Zimmermann (85. Vermeij), Iyoha (76. Jastrzembski) – Klaus (46. Quarshie), Johannesson, Tzolis – Mustapha (65. Niemiec)
Fortunas Kader: Niemczycki – Daferner, Appelkamp, de Wijs
Schiedsrichter: Christian Dingert (Lebecksmühle/Note: 3 – er hatte eigentlich wenig Mühe mit der insgesamt fairen Begegnung. Er übersah allerdings die eine oder andere unsaubere Aktion und wohl auch einen Elfmeter an Tzolis und entschied auf Handelfmeter gegen die Fortuna)
Zuschauer: 30.210 (ausverkauft)
Tore: 1:0 (7.) Frimpong, 2:0 (20.) Adli, 3:0 (36.) Wirtz, 4:0 (60./FE.) Wirtz
Chancen: 11:4
Gelbe Karten: – / Tzolis
Spielnote: 3 (zu einseitig für eine bessere Note)
Beste Spieler: Wirtz, Tah / Kastenmeier
Der besondere Moment des Spiels: Den gab es für Fortuna diesmal nicht.
Spielfazit: Fortuna war zwar nicht gänzlich ohne Torchancen, aber insgesamt dem Bundesliga-Spitzenreiter in fast allen Belangen deutlich unterlegen.
Noten der Fortuna-Spieler:
Kastenmeier 3 – Zimmermann 3,5, Hoffmann 5, Siebert 4, Iyoha 5 – Oberdorf 4, Engelhardt 4 – Klaus 5, Johannesson 5, Tzolis 3 – Mustapha 5 / Quarshie 3, Sobottka 3
Noten der Leverkusener:
Kovar 3 – Stanisic 3, Tah 2, Tapsoba 3 – Andrich 2,5 – Frimpong 3, Xhaka 2,5, Grimaldo 3 – Wirtz 1, Adli 2- Schick 2,5
Reaktionen:
„Heute ist schon ein wenig Enttäuschung da. Die Konstellation hat den Traum, das Finale zu erreichen, unmöglich gemacht. Nur ansatzweise haben wir gesehen, dass wir Fußball spielen können. Wenn wir zuhause so konzentriert und diszipliniert weiterspielen, kann der Traum oder besser das Ziel dennoch wahr werden. Die Fans haben uns mit ihrer Unterstüzung und der Feier nach dem Schlusspfiff einen klaren Auftrag für den Rest der Saison gegeben,.“
Klaus Allofs, Sportvorstand der Fortuna
„Wir haben bis hier die Reise angetreten und sind im Erlebnispark Bayarnea gescheitert. Die Reise ist zuende. Wir haben einen Pokalabend haben wollen, doch das war er dann nicht für uns. Die Messe war schnell gelesen. Vorne haben wir nicht so stattgefunden. Herzliche Glückwünsch an ein Team das outstanding ist und mir sehr viel Respekt abnötigt.“
Daniel Thioune, Trainer von Fortuna
„Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, wir haben eine seriöse Leistung gezeigt. Wir wollten viel Kontrolle ausüben, weil wir keine Überraschung erleben wollten. Jetzt können wir feiern und dann in Berlin ein Ziel dieser Saison erreichen.“
Xabier Alonso, Trainer von Bayer
„Wir haben das nicht umsetzen können, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir gingen mit einem enttäuschenden Ergebnis in die Pause, und auch danach wurde es unsererseits nicht mehr gefährlich vor dem Tor des Gegners.“
Tim Oberdorf, Abwehrspieler der Fortuna
„Trotz der Niederlage haben wir im Pokal für die Stadt Werbung gemacht.“
Marcel Sobottka, Mittelfeldspieler der Fortuna
„Die Fans waren heute fantastisch. Jetzt heißt, sich aufrichten und schauen, dass wir unser Heimspiel am Sonntag in Braunschweig gewinnen.“
Matthias Zimmermann, Abwehrspieler der Fortuna
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